Punktejagt im Himmel – ein Blick hinter die Kulissen

Eine kleine Einführung in die Kunst der Auswertung – frei nach dem Motto:
Wer zuletzt landet, muss nicht unbedingt Letzter sein.

🏕️ Mönchsheide, Frühsommer. Während in den Zelten die Schlafsäcke dampfen und der Wind leise durch die Wipfel rauscht, fragt sich ein Außenstehender am Rande des Segelflugwettbewerbs: „Worauf schauen die eigentlich? Wer am weitesten fliegt? Wer am schönsten kreist? Oder wer am längsten den Gurt vergessen hat?“

Die Antwort lautet: Jaein.

Denn die Auswertung eines Segelflugwettbewerbs ist ein bisschen wie das Punkterechnen bei der Eiskunstlauf-WM – nur mit weniger Glitzer, mehr Gekreische (des Varios) und sehr viel Luft dazwischen.

✈️ Schritt 1: Der Flug – eine Mischung aus Taktik, Thermik und Thunfischbrötchen
Jede Wettbewerbsklasse (Erklärung folgt) bekommt morgens eine festgelegte Aufgabe: „Fliege von der Mönchsheide nach Irgendwo, dann nach Woanders, umrunde Vielleichtdorf und komm zurück – möglichst schnell und ohne den Bauern zu ärgern.“

Dabei gibt es (zumindest bei der diesjährigen BBSW) zwei Arten von Aufgaben, die das Ganze spannend machen:

  • Assigned Area Tasks (AAT) sind wie eine Schatzsuche mit mehreren möglichen Wegen: man bekommt bestimmte Gebiete zugewiesen, innerhalb derer man die Wendepunkte setzen darf. So kann man unterwegs selbst entscheiden, wo die Thermik am besten zieht – eine flexible, clevere Art, die Route zu gestalten.
  • Racing Tasks dagegen sind die klare Route: Von Punkt A über Punkt B, dann C und zurück. Wie ein Wettrennen auf der Autobahn, nur dass man in der Luft ist und niemand hupen kann.

Im Cockpit: Konzentration pur.
Im Magen: Zweifel.
Auf dem Rücken: Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor „Zeltplane“.

Wettbewerbsklassen im Segelflug – wer fliegt womit?
Im Segelflug gibt’s verschiedene Klassen – damit jeder die Chance hat, mitzumischen, egal ob mit Hightech-Bolide oder gutem alten Klassiker:

  • Standardklasse: Hier geht’s meist mit Seglern ohne Klapptriebwerk und ohne große Extras wie Wölbklappen zur Sache. Die Flieger sind einfach, sportlich und super geeignet für spannende Rennen – quasi die „Volksklasse“ des Segelflugs.
  • Klasse 18 Meter: Wie der Name sagt, fliegen die Piloten hier Segler mit bis zu 18 Metern Spannweite, oft mit Wölbklappen für mehr Kontrolle und Leistung. Das ist die Liga der eleganten Rennpferde unter den Segelflugzeugen.
  • Doppelsitzerklasse: In dieser Klasse fliegen zwei Piloten zusammen – perfekt für Teamwork, Training und gemeinsamen Spaß. Außerdem super beliebt bei Familien und Freunden.
  • Offene Klasse: Hier ist (fast) alles erlaubt. Die Flieger sind wahre Monster am Himmel, mit riesigen Spannweiten und Hightech, die jeden Piloten ins Staunen versetzt. Die Champions-League der

Dieses Jahr wurden die 18-Meter-, Doppelsitzer- und Offene Klasse als Mixed-Klasse zusammengefasst.

📝 Schritt 2: Der Logger – der digitale Spion an Bord
Jeder Segler hat ein kleines Gerät dabei, das im Prinzip sagt:
„Ich weiß, wo du bist, wie hoch du bist, wie schnell du bist und ob du heimlich bei Oma zum Kaffee gelandet bist.“
Am Ende des Tages wird dieser Flug aufgezeichnet und ausgewertet – mit einer Software, die aussieht wie Excel auf Steroiden.

🧮 Schritt 3: Die große Rechenkunst – Punkte für alle!
Und jetzt wird’s spannend.
Die Jury (meist ein sympathischer Nerd mit Kaffeeentzug und Schlafmangel) analysiert folgende Dinge:

  • Strecke: Wer hat die Aufgabe vollständig geflogen?
  • Zeit: Wer war am schnellsten?
  • Luftraumverletzung

Dann rechnet der Computer – auf Grundlage einer geheimen Formel, die vermutlich mit Quantenphysik, Meteorologie und einem Würfel zu tun hat – und vergibt Punkte.
Meist zwischen 0 und 1.000 pro Tag.
Dabei ist „Null Punkte“ selten, aber möglich. Besonders wenn der Logger im Zelt liegengeblieben ist.

📊 Schritt 4: Die Ergebnisliste – Ruhm, Ehre und Klappstühle
Nach der Auswertung entstehen die sagenumwobenen Tageswertungen und die Gesamtwertung. Hier zeigt sich, wer regelmäßig liefert, wer klug taktiert – und wer es schafft, an jedem Tag mindestens einmal das Wort „Hammerbart“ zu sagen.
Die Ergebnisse werden am Abend ausgedruckt, aufgehängt und diskutiert – meist neben dem Grill, wo sich inoffizielle Experten mit Klappstuhl und Bier versammeln.
Sätze wie „Wenn ich bei Dierdorf direkt reingekurvt hätte…“ oder „Ich war auf 1500, aber der Bart war tot“ hallen bis tief in die Nacht.

🌟 Bonus: Was zählt wirklich?

  • Punkte: Klar.
  • Anerkennung: Auch.
  • Aber vor allem: Geschichten. Freundschaften. Sonnenuntergänge hinter der Tragfläche. Und das Gefühl, den Himmel ein kleines Stück erobert zu haben – auch wenn man am Ende auf Platz 14 gelandet ist, knapp hinter dem 16-Jährigen mit dem Hochleistungsflieger und dem Sonnenhut.

Fazit: Die Auswertung eines Segelflugwettbewerbs ist ein kleines Kunstwerk aus Technik, Teamwork und Thermik. Und selbst wer nicht fliegt, kann mitlachen – spätestens, wenn der Tagesbeste seinen Logger verlegt hat und der Punktsieg an Tante Gabi im Duo Discus geht.